Fritz Vahrenholt: Gaspreise deuten auf Ende des Ukrainekrieges

Im zweiten Teil seines monatlichen Gastkommentars spricht der ehemalige Hamburger Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt über leere Gasspeicher, steigende und sinkende Gaspreise und was letztere für die globalen Konfliktherde in der Ukraine und dem Nahen Osten erwarten lassen.
Die Ukraine leitet kein russisches Gas nach Europa weiter. Obwohl die Gaspreise zuletzt gestiegen sind, rechnend die Märkte mittelfristig mit sinkenden Preisen. Weitere Entlastung könnte eine neue Pipeline durch Syrien nach Katar bringen.
Die Ukraine leitet kein russisches Gas nach Europa weiter. Obwohl die Gaspreise zuletzt gestiegen sind, rechnen die Märkte mittelfristig mit sinkenden Preisen. Weitere Entlastung könnte eine neue Pipeline durch Syrien nach Katar bringen.Foto: Cylonphoto/iStock
Von 10. Januar 2025

Epoch Times hat den monatlichen Newsletter von Prof. Dr. Fritz Vahrenholt ausnahmsweise geteilt. Im ersten Teil sprach über Deutschlands Stromversorgung, den Halbbruder der Dunkelflaute, die Hellbrise, und warum wir Ostern 2025 womöglich im Dunkeln sitzen werden. Diesen lesen Sie hier, seine Ausführungen über die Gaspreise im Folgenden.

Hohe Gaspreise, leere Speicher

Die Erdgaspreise haben in den vergangenen Wochen den höchsten Stand des Jahres erreicht. Der Preis stieg im Jahresvergleich um 35 Prozent. Die Kappung der russischen Pipelines durch die Ukraine hat zu Engpässen in Österreich, Ungarn, Tschechien und der Slowakei geführt, die nun auf Nachschub aus den Nachbarländern angewiesen sind. Daher leeren sich zurzeit die Speicher in Deutschland und Europa in höherem Tempo als in den vergangenen Jahren.

Europaweit sind die Speicher nur noch unter 70 Prozent gefüllt. Tendenz sinkend. Vor einem Jahr waren es noch zum gleichen Zeitpunkt 84,5 Prozent. Der Füllstand der ukrainischen Gasspeicher beträgt nur noch 15 Prozent. Im Zweifel wird die Ukraine von Europa aus versorgt werden müssen, wenn es zu keiner kurzfristigen Befriedung des Ukrainekriegs kommen sollte, da die Ukraine in hohem Maße von russischen Erdgasimporten abhängig war.

Sinkende Gaspreise wecken Hoffnung auf Frieden

Bemerkenswert ist jedoch die von den Gasmärkten antizipierte weitere Entwicklung der Gaspreise. Demnach sollen sie in diesem Jahr nicht weiter steigen und im nächsten Jahr sogar zurückgehen. Nach meiner Einschätzung gehen die Märkte davon aus, dass es zu einem Kriegsende in der Ukraine kommen wird.

Die Ankündigung Donald Trumps, den Krieg zu beenden, hat bereits die Märkte beeinflusst. Sie gehen wohl davon aus, dass Friedensgespräche zum Ukrainekrieg die russischen, aber auch osteuropäischen Interessen nach einer Wiederaufnahme des Gashandels berücksichtigen werden. Es ist sogar davon auszugehen, dass Putin auch die Wiederbelieferung der noch intakten Nord-Stream Pipeline in die Gespräche einführen wird.

Europa um eine Option reicher

Die langfristige Gasversorgung Europas ist im Übrigen durch den Fall des Assad-Regimes um eine Option reicher geworden. Assad hatte sich auf Druck Russlands jahrelang geweigert, einer Pipeline von Katar, vom größten Erdgasfeld der Welt, North Dome/South Pars, in die Türkei durch Syrien zuzustimmen.

Ein bislang vom Assad-Regime blockiertes, 1.500 km lange Pipeline-Projekt könnte das größte Erdgasfeld der Welt North Dome (Katar)/South Pars (Iran) über die Türkei an Europa anbinden – und die Gaspreise weiter sinken lassen.

Ein bislang vom Assad-Regime blockiertes, 1.500 km lange Pipeline-Projekt könnte das größte Erdgasfeld der Welt North Dome (Katar)/South Pars (Iran) über die Türkei an Europa anbinden – und die Gaspreise weiter sinken lassen. Foto: ts/Epoch Times nach PeterHermesFurian/iStock

Jetzt werden diese Pläne von der Türkei und Katar auf die Tagesordnung kommen, wodurch Katar, bereits heute der größte Gasproduzent der Welt, zukünftig sein Erdgas zu günstigeren Konditionen als auf dem LNG-Weg nach Europa transportieren kann. Dafür muss allerdings die 1.500 km lange Pipeline durch Syrien erst mal gebaut werden.

Es wird interessant werden, wie sich die Interessen der USA, Russlands, der Türkei und Katars im Nahen Osten und in der Ukraine in der nächsten Zeit ausbalancieren werden.

Deutschland, einsam auf weiter Flur?

Vor dem Hintergrund des weltweiten Aufschwungs der Gasmärkte ist die Absicht der bisherigen Bundesregierung, die Gasleitungen bis 2045 stillzulegen und die Abschreibungszeiträume von Gasleitungen auf 20 Jahre zu verkürzen, als ziemlich tölpelhaft einzuschätzen.

Das Schlimme ist, dass die CDU, die aller Voraussicht nach den Kanzler stellen wird, daran bislang nichts zu ändern gedenkt. Friedrich Merz hält am Ziel der jetzigen Bundesregierung, Deutschland bis 2045 CO₂-neutral zu machen, fest. Der Energieversorger der CDU-regierten Stadt Mannheim, MVV, stellt den Bürgern bereits das Gas im Jahre 2035 ab.

Über den Autor:

Prof. Dr. Fritz Vahrenholt ist promovierter Chemiker, SPD-Politiker, Manager, Wissenschaftler und Buchautor. Seit 1976 arbeitete er unter anderem im Umweltbundesamt, als Staatsrat bei der Umweltbehörde und als Umweltsenator in Hamburg. Er war Vorstand für erneuerbare Energien der Deutschen Shell AG sowie Gründer und Vorstand des Windenergie-Anlagenbauers REpower Systems.

Seit 1999 ist er Honorarprofessor im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg. Sein Bestseller „Seveso ist überall“ (1978) war eines der wirkmächtigsten Bücher in den Anfangsjahren der Umweltbewegung. 2020 erschien sein Bestseller „Unerwünschte Wahrheiten“ und 2021 folgte „Unanfechtbar – Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimaschutz im Faktencheck“. www.vahrenholt.net

Prof. Dr. Fritz Vahrenholt

Prof. Dr. Fritz Vahrenholt. Foto: privat

Dieser Artikel erschien im Original auf klimanachrichten.de/ unter dem Titel „Fritz Vahrenholt: Nach der Dunkelflaute kommt die Hellbrise“. (redaktionelle Bearbeitung ts/Epoch Times)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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